Forschungs- & Qualifizierungsprogramm
Forschungsprogramm
Das Forschungsprogramm des Kollegs zielt auf die Analyse von Gegenwartsliteraturen seit 1945 in unterschiedlichen Öffentlichkeiten und kulturellen Zusammenhängen. Es geht von einem weiten Literaturbegriff aus, der sozio-kulturelle Kontexte, politische Rahmenbedingungen, (Inter-)Medialität und Medienkonkurrenzen, institutionelle Gegebenheiten, den Literaturbetrieb und das literarische Leben als Analysegegenstände miteinbezieht.
Das Kolleg fokussiert – gemäß seiner wissenschaftlichen Kompetenz – Literaturen unterschiedlicher Sprachen (Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Russisch), wobei ausdrücklich ‚kleine Literaturen‘ und Minderheitenkulturen der ehemaligen Kolonial- und Siedlungs-Sprachen auf verschiedenen Kontinenten einbezogen werden.
In komparatistischer und transnationaler Perspektive berücksichtigen wir praxeologische, soziale, mediale, materiale, ethische und ökonomische Aspekte. Im Fokus stehen Literaturen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, die aber alle durch Globalisierung und Technisierung des alltäglichen Lebens und durch sich jeweils verändernde, politisch und medial bedingte Öffentlichkeiten geprägt sind. Diese sind nicht auf ein einziges politisches oder ökonomisches System beschränkt, sondern müssen allgemeiner als vergesellschaftete Formen des Bewusstseins verstanden werden, an denen die Kultur wesentlichen Anteil hat. Daraus ergibt sich, dass Öffentlichkeiten notwendig in ihrer Pluralität und ihrem Nebeneinander (z.B. als Gegen- und Teilöffentlichkeiten) zu denken und auf Literaturen zu beziehen sind.
Ziel des Kollegs ist die Erforschung von Ermöglichungs- und Wirkungsbedingungen von Literaturen in differenten Öffentlichkeiten und damit auch ihrer kulturellen Eigenheiten, Potentiale und Funktionen, erstens als Seismographen häufig widersprüchlicher kultureller Entwicklungen, zweitens als Generatoren eines Vokabulars zur Artikulation von vielschichtigen Erfahrungen der Gegenwart und drittens als Foren öffentlich relevanter Themen.
Das GRK untersucht sich fragmentierende Öffentlichkeiten als zentralen Kontext und prominentes Thema von Gegenwartsliteraturen in fünf eng miteinander verknüpften Arbeitsfeldern:
- Aufmerksamkeitsstrategien der Literaturen
- Öffentliche Rahmenbedingungen der Literaturen
- Materiale Erscheinungen der Literaturen
- Literarische Wissensproduktionen
- Literarische Ethiken und Politik
Qualifizierungsprogramm
Das kollegspezifische Studienprogramm orientiert sich inhaltlich an den Arbeitsfeldern I-V des Forschungsprogramms. Konkret sieht das GRK ein gestaffeltes und aufeinander aufbauendes Programm mit unterschiedlichen Lehr- und Lernkomponenten vor. Zu unterscheiden sind obligatorische Veranstaltungen und hierzu vertiefende Workshops bzw. Werkstattgespräche, die ausgewählt werden können, freiwillig belegbare vertiefende Studieneinheiten und zusätzliche fakultative Ergänzungen des Programms.
Ruth-Klüger-Forum
Das Zentrum der wissenschaftlichen Zusammenarbeit des GRKs bildet das Ruth-Klüger-Forum (14-tägig je 90 Minuten und 3 zusätzliche Vertiefungsworkshops und Werkstattgespräche). Es dient dem kontinuierlichen und produktiven Austausch aller Kollegiat*innen, der gemeinsamen Weiterentwicklung wissenschaftlicher Ideen und der Planung. Im Forum wird über laufende Projekte, methodische Aspekte, geplante Workshops, Konferenzen und Tagungen sowie zentrale organisatorische Fragen diskutiert. Hier werden die Dissertationsprojekte vorgestellt und mit dem gesamten Forum diskutiert, um die kollegiale Entwicklung von Forschung erlebbar zu machen und die Projekte im kontinuierlichen Dialog zu schärfen und zu präzisieren.
Darüber hinaus finden im Rahmen des Ruth-Klüger-Forums in jedem Semester ca. 2 Gastvorträge von Wissenschaftler*innen sowie eines*einer Vertreter*in aus der kulturellen Praxis statt. An die Präsentationen schließt jeweils am nächsten Tag ein Vertiefungsworkshop bzw. ein Werkstattgespräch an.
Die Workshops dienen dazu, mögliche inhaltliche bzw. methodologische Verknüpfungen des jeweiligen Vortragsthemas mit den Dissertationsprojekten zu erörtern; in den Werkstattgesprächen steht die Auslotung individueller Karriereoptionen jenseits der akademischen Laufbahn im Vordergrund. Alle Doktorand*innen nehmen an mindestens einem der für ihre Projekte thematisch oder methodologisch besonders anschließbaren Workshops pro Semester sowie dem Werkstattgespräch teil.
Module
Jenseits des Ruth-Klüger-Forums arbeitet das Studienprogramm des GRKs mit einer Verknüpfung von inhaltlichen und praktischen Lernmodulen. Im Grundlagenmodul (GM, 1. Semester, 14-tägig je 90 Minuten) rekapituliert man Basics wissenschaftlichen Arbeitens (Zeitmanagement, Arbeitspläne, Schreibpraxis usw.) und verständigt sich über Kernkategorien wie Öffentlichkeit(en), Gegenwart, kulturelle Differenz(en), Werk, Autor*in/Akteur*in, Buchmarkt, Literaturbetrieb, über den Stellenwert von Wissenschaftsreflexion und über Maßnahmen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis.
Im Methodenmodul (MM, 2. Semester, 14-tägig je 90 Minuten) werden, ausgehend von den geplanten Studien der Kollegiat*innen, unterschiedliche Analyseverfahren der Literatur- und Kulturwissenschaft, der Kultursoziologie, der Medienwissenschaft, der Buchwissenschaft sowie der Public und Digital Humanities behandelt. Die einzelnen Verfahren, Methoden und Theorien sollen strikt auf das Rahmenthema des GRKs bezogen und spezifische Methodenfragen einzelner Forschungsprojekte diskutiert werden.
Das Themenmodul (TM, 3. Semester, 14-tägig) fokussiert die fünf Arbeitsfelder in ihren spezifischen Vernetzungen. Die gemeinsame Erschließung der Arbeitsfelder soll an die Interessen, die sich aus den einzelnen Dissertationsprojekten ergeben, gekoppelt werden. Ziel ist eine Verortung der Projekte innerhalb des Rahmenthemas. Das Themenmodul widmet sich besonders der Weiterentwicklung des Rahmenthemas vor dem Horizont der Einzelprojekte.
Inspiriert durch die Diskussionen und die Arbeitsvorlagen dieses Moduls ist als wissenschaftliche Vertiefung und als weiterer Anschub der gemeinsamen Forschung des GRKs je Förderphase eine größere internationale wissenschaftliche Konferenz geplant. Eine weitere kleinere Konferenz ist als ein (Zwischen-)Resümee am Ende des letzten Förderjahrs vorgesehen. Jede*r Doktorand*in arbeitet in der Regel an der Vorbereitung und Durchführung je einer Konferenz mit und beteiligt sich in der Folge an der Erstellung eines gemeinschaftlich herausgegebenen Forschungsbands zum Thema der Tagung.
Am Ende des 2. und 4. Semesters findet für jede Doktorand*innen-Kohorte jeweils ein Retreat als dreitägige Kompaktveranstaltung (3 x 6 Stunden) mit je zwei Mercator-Fellows außerhalb von Erlangen statt. Dort werden intensiv Textentwürfe diskutiert. Das Retreat dient der frühzeitigen Förderung und Begleitung des Schreibprozesses.
In der zweiten Hälfte der Förderungsphase (4.-6. Semester) ist ein Praktikum unterschiedlicher Länge (6–12 Wochen) bei den außeruniversitären Kooperationspartner*innen oder einschlägigen Einrichtungen der FAU (Presseabteilung, Betreuung der Sammlungen, ZiWiS usw.) geplant.
Ab dem 2. Semester kann freiwillig ein zusätzliches, individuell frei wählbares Studienangebot wahrgenommen werden.
Zu diesem individuellen Programm gehören u.a. Angebote folgender Einrichtungen:
- Oberseminare, Forschungsseminare und Kolloquien, die Lehrstühle, Institute und Departments der PIs für Nachwuchswissenschaftler*innen anbieten
- FAU Graduiertenzentrum (FAU GZ)
- FAU Sprachenzentrum
- Rechenzentrum (RRZE) und Universitätsbiliothek
- Fortbildungszentrum Hochschullehre (FBZHL)
- eigene Lehre
- Veranstaltungen aus dem Studiengang „Modulstudien Digital Humanities“
- Teilnahme an Erlanger Poetik-Kolleg
- Eine Mitarbeit in der Arbeitsgruppe Handbuch, die sich mit der Konzeption, Weiterentwicklung und Redaktion der zentralen Publikation in der ersten Förderphase des GRKs befasst
Gastvorträge
2025
04. Februar
„Containing Multitudes: The Social Logic of Lyric in the Mass Public Sphere“
Dr. Andrew Gorin, University of Haifa
00.5 PSG III, Kochstr. 6a, Erlangen
2024
10. Dezember
„Opaque Practices and Literary Publics: New Writings from the Black Diaspora“ (entfallen)
Prof. Dr. Kerstin Schmidt, LMU München
00.5 PSG III, Kochstr. 6a, Erlangen
12. November
„Ausstellungen von Literatur anlässlich der Kafka-Ausstellung an der Bodleian Library, Oxford University“
Prof. Barry Murnane, Oxford University
00.5 PSG III, Kochstr. 6a, Erlangen
29. Oktober
„Schwarze Reportagen: Muckraking in Berlin und Wien um 1900“
Prof. Dr. Ethel Matala de Mazza, HU Berlin
Wassersaal, Orangerie, Erlangen
23. Januar
„Wie umgehen mit Rassismus im Werk Immanuel Kants?“
Maximilian Huschke, Universität Jena, DFG-Kossellek-Projekt „Wie umgehen mit Rassismus, Antisemitismus und Sexismus in Werken der klassischen Deutschen Philosophie?“
KH 1.016, Universitätsstraße 15, Erlangen
2023
13. Juni
„Social Capital: Epic Fantasy and the Magical School“
Prof. PhD Mark McGurl, Stanford University
KH 0.014, Universitätsstraße 15, Erlangen
19. Dezember
„Flucht und Vertreibung in Literatur und Literaturwissenschaft“
Prof. Dr. Friederike Eigler, Georgetown University Washington
KH 0.014, Universitätsstraße 15, Erlangen
Workshops und Gespräche zur Berufspraxis
2024
11.-12. Dezember
Schreibworkshop
Dzifa Vode
12. November
Workshop „Karriere in der Wissenschaft“
Prof. Dr. Antje Kley, Prof. Dr. Dirk Niefanger
30. Oktober
Gespräch über Perspektiven in der Wissenschaft
Prof. Dr. Ethel Matala de Mazza, HU Berlin
17. April
Workshop „Poster und Posterpräsentationen“
Birgit Lukowski
23. Januar
Workshop „Die Konstruktion von race und ihre literarische Funktion in Kleists »Die Verlobung in St. Domingo«“
Luise Grabolle, Universität Leipzig, „Junges Forum Literaturwissenschaft“
2023
13. Dezember
Gespräch über journalistische Praxis
Ronja von Wurmb-Seibel
12.-13. Dezember
Workshop „Literaturvermittlung“
Arnold Maxwill
2.-3. Mai
Workshop „Ghostwriting“
Oliver Kobold
Forschungsretreats
Von 17.-19. Oktober fand ein zweites Retreat der Kollegiat:innen der ersten Kohorte als dreitägige Kompaktveranstaltung mit drei Mercator-Fellows statt (Martina Wagner-Egelhaaf, Germanistik, Universität Münster; Steffen Martus, Germanistik, HU Berlin; Johannes Völz, Amerikanistik, Goethe-Universität Frankfurt a. M.). Erneut wurden die Forschungsprojekte der Kollegiat:innen in Kleingruppen mit den PIs des GRK und den Mercator-Fellows als ausgewiesenen externen Fachwissenschaftler:innen diskutiert. An den Nachmittagen fanden Wanderungen in der Umgebung statt. Das Retreat eröffnete ein Vortrag von Martina Wagner-Egelhaaf zum Thema „Autofiktion“. Den Abschluss bildete ein Kamingespräch mit Steffen Martus zu „Gegenwartsliteratur als soziale Praxis“.
Von 5. bis 7. Oktober fand ein erstes Retreat der Kollegiat:innen der ersten Kohorte als dreitägige Kompaktveranstaltung mit drei Mercator-Fellows statt (Christine Magerski, Literatur- und Kulturwissenschaft, Universität Zagreb; Heinz Drügh, Germanistik, Goethe-Universität Frankfurt a. M.; Werner Sollors, Anglistik/Amerikanistik, Harvard University). Hier wurden die Forschungsprojekte der Kollegiat:innen in Kleingruppen mit den PIs des GRK und den Mercator-Fellows als ausgewiesenen externen Fachwissenschaftler:innen diskutiert. An den Nachmittagen fanden Wanderungen in der Umgebung statt. Abends berichteten die Fellows aus ihren laufenden Projekten.